Extravaganza Diabolo
Irgendwann hat sich ein Gitarrenspieler, der auch noch schreibt, durchgespielt in die oberen Gefilde des Metiers und bekommt zur Belohnung die Gelegenheit die ganz ausgefallenen und besonderen Dinge zu spielen. Bei mir war das nun der Fall, als ein nervöser Postbote an der Tür stand und mir einen Metallkoffer nur gegen Vorlage dee- Personalausweises übergeben wollte...

Verständlich, dass der gute Mann nervös war, in diesem Koffer befanden sich schließlich mit der tesla und der birdfish von Ulrich Teuffel zwei wirklich extravagante und dementsprechend teure Meisterwerke der Gitarrenbaukunst. Aber bevor wir zum Macher dieser edlen Stücke kommen, möchte ich erst mal mit einem Vorurteil aufräumen - so teuer, wie die Gitarren aussehen, sind sie gar nicht, eine siebenseitige tesla ist schon ab 2.989,- Euro zu haben und die birdfish kostet ab 4.480,- Euro.

Der Macher
Uli Teuffel baut seit 18 Jahren Gitarren, vor 14 Jahren ging es mit dem E-Gitarrenbau los, wobei er von 1987 bis 1994 ausschließlich Custom Gitarren nach klassischen Vorbildern, wie Fender und Gibson, baute und daneben auch zwei eigene Gitarrenserien seine Werkstatt verließen, die er regional verkaufte. In dieser Zeit hat er sich sozusagen seine handwerklichen Sporen erarbeitet. 1992 bis 1997 studierte er dann an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe bei Hartmut Essfinger und Kurt Weidemann Produkt- und Mediendesign. Durch die Erfahrungen aus diesem Studium, gefördert sicher auch durch seine frühere Ausbildung als Mechaniker, hat Uli seine Arbeit als Gitarrenbauer danach noch einmal völlig neu definiert. Er begann 1995 das Konzept für die Gitarre birdfish zu entwickeln, die er dann 1996 als erste seiner inzwischen drei Gitarrenserien auf der Musikmesse in Frankfurt präsentierte. Die drei Gitarrenmodelle birdfish, tesla und coco werden von Musikern wie David Torn, Billy Gibbons, Page Hamilton, Henry Kaiser und Dusty Hill gespielt.

Birdfish
Mit der birdfish verfolgte Uli Teuffel die Absicht, das Prinzip der Stratocaster aktuell neu zu gestalten. Diese Gitarre besteht aus einzelnen Komponenten, die getrennt gefertigt werden können und sehr einfach herzustellen sind. Leo Fender tat dies in der Absicht, mit ungelernten Arbeitern die Gitarre industriell produzieren zu können und schuf bereits in dieser Idee eines der drei großen Symbole des Pop neben Levi Strauss' Blue Jeans und Raymond Loewy's Coca Cola.

Interessant war dabei, dass die Gitarristen ihr Instrument durch die Einfachheit der Konstruktion auch als Produkt begriffen und es oft nach ihren Vorstellung selbst modifizierten. Man baute andere Pickups ein oder schraubte den Hals der einen Gitarre auf die andere und konnte damit seine Klangvorstellungen selbst, ohne Gitarrenbauer, verwirklichen. Die Genialität der Stratocaster hat sich spätestens durch den großen Markt an ReplacementHerstellern und Kopien bewiesen.

Die Variabilität, die sich daraus ergibt, war sicherlich nicht Leo Fenders Absicht, da zum damaligen Zeitpunkt die musikalischen Bedingungen von Pop noch gar nicht definiert waren. Mit dem Entwurf der birdfish wollte Uli daher ein modulares Instrument schaffen, das den Klang einer Stratocaster zitiert und dabei den Charakter völlig verändern kann, indem alle Komponenten, die für den Ton verantwortlich sind, variiert oder ausgetauscht werden können: Die Pickups sind in ihrer Position verschiebbar und einfach auswechselbar. Der Klang des Bodys ist durch den Austausch von Resonanzkörpern veränderbar. Alle Komponenten finden Platz in einer edlen braunen Wildleder-Tasche gemeinsam mit der Gitarre.

Mittlerweile wurden knapp 125 birdfish hergestellt und weltweit verkauft, die Serie ist auf eine Auflage von 500 Exemplaren limitiert.

Birdfish Bau
Mit Ausnahme der Tune-o-matic-Brücke und der Saitenklemmung sind alle Komponenten von Uli Teuffel selbst entworfen, er fertigt sie in seiner Werkstatt. Die Pickups sind alle handgewickelt und auf nicht magnetischen Edelstahlachsen montiert, die Magneten sind aus AlNiCo. Drei Pickups sind als Humbucker gestaltet, die alle unterschiedlich konfiguriert sind. Sie sind auf der Unterseite mit Punkten markiert: 1 Punkt ist ähnlich dem P-90, 2 Punkt ist dem PAF nachempfunden und 3 Punkt verhält sich wie ein Jeff Beck, nur mit weniger Höhen. Die Singlecoils sind einmal links und einmal rechts gewickelt, sie haben Vintage-Charakter. Die Pickups sind ebenso wie die Resonanzkörper mit einem Lack überzogen, der speziell für Uli Teuffel hergestellt wird. Dieser Lack ist auf DD-Basis gemischt, er enthält Anteile von Quarz, Farbpigmenten und Metallicpigmenten. Die Oberfläche ist samtig und wesentlich kratzfester als bei gewöhnlichen DD-Lacken. Außerdem bleibt er auch über die Jahre hin völlig matt. Etwaige Verschmutzungen, z. B. durch Handschweiß, lassen sich einfach mit Wasser und Spülmittel entfernen. Sämtliche Schrauben an der birdfish sind aus Edelstahl, die Schraubenköpfe sind handpoliert.

Die beiden zentralen Halteelemente "bird" und "fish", sowie die Control Box sind aus einer Alu-Titan-Legierung gegossen. Aluminium ist bekannt dafür, Schwingungen schnell und ungefiltert passieren zu lassen. Nach Versuchen mit verschiedenen Alu-Legierungen stellte Uli Teuffel fest, dass ein geringer Titananteil Schwingungsübermittlung noch einmal verbessert. Diese Legierung hat einen nicht unwesentlichen Anteil am perkussiven Ton der birdfish.

Die Aluminiumteile werden im Wachsausschmelz-Verfahren gegossen. Dabei wird für jedes Bauteil für jede zu bauende Gitarre zunächst ein Wachsmodell aus Feingusswachs gefertigt. Dieses Modell wird dann über Wochen mehrfach in Keramikmasse getaucht, bis sich eine Schicht von 10 mm aufgebaut hat. Anschließend wird die Keramik erhitzt. Das Wachs fließt nun aus, und es entsteht ein Hohlraum in exakt der Größe des Wachsmodells. Danach wird die Keramikform bei 1050°C gebrannt und schließlich wird die Legierung unter Vakuum in die heiße Form gegossen. Nach dem Abkühlen werden die Formen zertrümmert und die Gitarrenteile bleiben übrig. Sie werden nun warmgehärtet, gebohrt und gefräst, danach geschliffen und poliert. Dann wandern die Teile in die Galvanik, wo sie mit einer Kupferschicht überzogen werden, die auch wieder geschliffen und poliert wird. Dann werden sie vernickelt und verchromt und als letztes noch einmal glanzpoliert und auf die Gitarre montiert. Die kleinen Pickup-Sockel werden genau so hergestellt. Dies ist alles sicher sehr aufwendig, Experimente mit anderen Gussverfahren haben jedoch bei Uli Teuffel kein so dichtes Metallgefüge und keine so guten akustischen Eigenschaften erbracht. Der Headless-Hals ist aus Vogelaugenahorn, die Elektronik sitzt in einem auf den Fuß von bird montierten Alukörper und beinhaltet einen 5-Weg-PU-Schalter sowie Drehknöpfe für Volumen und Tone.

Spiel und Klang
Die birdfish ist schon ein heißes Teil, so müssen wohl die Gitarren aussehen, die in ferner Zukunft gespielt werden. Völlig ausgewogen liegt diese Ausnahmegitarre in meiner Hand und erstaunt mich zuallererst mit ihrer Handlichkeit. Der abgerundete obere Resonanzkörper bietet eine bequeme Stütze für den rechten Arm und auch der Rest gestaltet sich ergonomisch. Im Stehen liegt der abgeflachte Fuß von bird locker auf dem Oberschenkel, im Sitzen bietet die Schwanzflosse von fish einen sicheren Halt an. Der erste Eindruck ist der, dass mit diesem "Teuffelsding" tatsächlich eine Synthese zwischen hervorragendem Design und ergonomischer Handhabung gelungen ist. Und dieser Eindruck bestätigt sich beim Spielen, in jeder Spiellage überzeugt das Konzept, egal ob Solo oder Begleitung angesagt ist. Der Grundton der birdfish ist ausgewogen, die Stärken liegen in ihrer Transparenz und einer sehr lebendigen Wiedergabe, Beim Wechsel der Resonanzkörper von den blauen Swamp Ash zu den beiden roten Ahorns wird der Ton etwas härter, die Akkorde klingen genauer gezeichnet.

Die birdfish war bestückt mit dem 3 Punkt Humbucker (jeff Beck-Typ) und den beiden Singlecoils, wobei insbesondere der Humbucker für ein klares und volles Klangbild mit einem sehr gut gewichteten Höhenspektrum steht. Die Singlecoils offenbaren hingegen einen Strat-Touch, sie bringen den Ton sehr kraftvoll und straight, sind dabei allerdings sehr genau in der Wiedergabe. Der schnelle Pickup-Wechsel, bei dem nur die kleinen Rädelschrauben am Steg benutzt werden müssen und die neuen Tonabnehmer über Miniklinken mit dem Rest der Elektronik verbunden werden, offenbart die tatsächliche Vielfalt des Konzeptes. 2 Punkt Humbucker (PAF) am Steg und 1 Punkt Humbucker (PAF) am Hals ergeben einen noch volleren Ton und laden zu einem melodiösen Überflug ein. Alle Tonabnehmer lassen sich auf der Schiene von links nach rechts verschieben und in sich verdrehen, so dass alle Facetten der möglichen Klangformung beliebig und schnell durchprobiert werden können. Dabei beeindruckt die Veränderung des Wirkungsgrades der einzelnen PU's durch die variierten Positionen. Die unzähligen Möglichkeiten und Variationen die in dieser Gitarre stecken erlauben dem Spieler, sie jeweils dem gewünschten Stil und dem jeweiligen Amp anzupassen, mir gefiel die erste Variante mit blauen Resonanzkörpern und den drei Tonabnehmern an meinem Standard Referenzamp, dem Hughes & Kettner Duotone, am besten, während die Variante in rot mit beiden Humbucker sehr überzeugend im Zusammenspiel mit dem Engl Screamer 50 wirkte. In allen Varianten und Variationen jedoch überzeugte die birdfish durch eine außerordentliche Brillanz in der Wiedergabe und durch ein unerwartet kräftiges Sustain. Die birdfish ist dabei mehr als nur eine Gitarre, sie vereint ein Spiel-Konzept mit Design und Ergonomie zu einem Instrument, welches eine Unzahl von möglichen Wegen eröffnet.

Tesla
Wer erinnert sich noch an seine erste Telecaster? In den frühen Tagen des Gitarrenbaus hatte der Gitarrist nicht nur mit den Gitarren zu kämpfen, sondern auch mit allerhand ungewünschten Nebengeräuschen, die die Instrumente damals produzierten. So z.B. das Feedback der Pickups, als diese noch nicht unter Wachs vergossen wurden. Oder ein lautes Netzbrummen, weil irgendeine Lötstelle lose war. Manchmal konnte es auch passieren, dass der Gitarrenton unterbrochen wurde, wenn man irgendeinen Regler an der Gitarre berührte.

All diese Effekte sind mittlerweile durch die technische Verbesserung der Gitarren verschwunden, aber sie sind mit der Musikgeschichte zu Archetypen des Gitarrensounds geworden. Sie sind vergleichbar mit Geräuschen, wie z.B. das Knistern von Schallplatten, das Scratchen von Vinyl-Platten oder das Überspringen von CDs, die ebenfalls zu Archetypen in der Musik wurden und heute häufig zitiert werden.

Mit der tesla hat Uli Teuffel eine Gitarre entworfen, die neben modernen Gitarrensounds auch all diese Urgeräusche abrufbar macht. Dazu sind zwischen den Pickups drei Tastflächen angebracht, mit denen diese Basis-Sounds angesteuert werden, der rechte Taster bedient das Feedback, das von einem kleinen Mikrofon kommt, der mittlere unterbricht das Signal und der linke verursacht Netzbrummen.

Soweit das elektronische Konzept der tesla. Das akustische Konzept basiert auf einer möglichst starren Verbindung von Hals und Korpus, um den Ton so kräftig wie möglich zu machen. Dazu hat die tesla einen durchgehenden Headless-Hals aus Ahorn, der im Bereich des Korpus in einen Kern aus Esche und Erle übergeht. An dem Hals sind Seitenteile aus amerikanischer Erle angeleimt.

Der Hals/Korpus-Übergang findet im Bereich des 7. Bundes statt. Somit ist der Hals extrem steif. Er federt auch bei der tiefen b-Saite nicht nach. Das Ergebnis ist ein sehr bassig-druckvoller Ton. Zur Bespielbarkeit ist auf der Rückseite des Halses eine Rinne ausgearbeitet, die den Daumen bis in die hohen Lagen führt, perfekt gelöst.

Klang
Auch in der tesla kommt ein durchdachtes Konzept zum Tragen, welches neue Möglichkeiten des Spiels eröffnet. Die breite, geschwungene und asymmetrische Form des Erle/Esche Body's ist so angelegt, dass die Gitarre völlig ausgewogen am Gurt zu spielen ist, im Sitzen kommt dann eine geschwungene Stütze an der Vorderseite zum Tragen, die die tesla bequem auf dem Oberschenkel abstützt. Die ausbalancierte Bauweise der tesla ist umso wichtiger, da sie als siebensaitige Ausführung konzipiert wurde und somit ein schnelles und dynamisches Spiel geradezu herausfordert. Dies wird auch durch den Hals aus Vogelaugenahorn unterstützt, der als breites D gearbeitet ist und es ermöglicht, dass die Finger förmlich auf ihm entlang fliegen. Am Steg sitzt ein Teuffel-Humbucker, am Hals ein Teuffel-Splitcoil, die durch einen Push-Push-PU-Schalter geschaltet werden. Der Volume- und der Tone-Drehknopf sind ebenso im gleichen Material gearbeitet wie die drei "noise controls", alles wirkt wie aus einem Stück gebaut und ist ebenso wie der Push Pull Knopf und die beiden Tonabnehmer mit dem gleichen Lack überzogen. Trocken gespielt hat die tesla schon einen deutlich vollen Klang, der beim Betrieb über den Amp bassig und druckvoll wird. Der sehr schöne perkussive Grundcharakter entfaltet sich insbesondere beim schnellen Spiel, die drei `klassischen Effekte" bringen einen zusätzlichen Spaßfaktor und eröffnen neue Dimensionen des Solospiels.

Die tesla liegt dabei perfekt in der Hand, durch die Konstruktion lässt sie sich sauber und sicher bis in den letzten Bund greifen und wird zu einem unverzichtbaren Instrument für all diejenigen Gitarristen, die ein kraftvolles und dynamisches Instrument einsetzen möchten. An beiden Amps überzeugte sie sowohl bei den clean als auch bei den heavysounds, sie wird uns deshalb in Zukunft als Referenz bei den Siebensaitern dienen.

Fazit

birdfish und tesla nur außergewöhnlich zu nennen, ist Schlichtweg untertrieben. Es sind beides Ausnahmeinstrumente, wobei die birdfish im Instrumentenbau eine Sonderstellung einnimmt. In ihr vereinen sich verschiedene Welten zu einem Gesamtkonzept, welches selbst dem versiertesten Spieler neue Möglichkeiten eröffnet und damit eine neue Qualität von Spielfreude ermöglicht. Auch die tesla zeichnet sich durch ihr durchdachtes Konzept aus und die Möglichkeit neue dynamische Sounds zu kreieren. In der Verarbeitung sind beide Gitarren absolut perfekt, wahre Meisterwerke der Gitarrenbaukunst und als Konzept einfach genial.

Frank Stein


 
musician 01/2002